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Extrahaushalte des Bundes, der Länder, der Kommunen und der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland zum 1.1.2015
Extrahaushalte des Bundes, der Länder, der Kommunen und der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland zum 1.1.2015
30. September 2015 |
Autor: Andreas Burth
Bund, Länder, Kommunen und die gesetzliche Sozialversicherung erbringen einen breiten Mix an öffentlichen Aufgaben. Die
Aufgabenwahrnehmung erfolgt dabei nur zum Teil im jeweiligen
Kernhaushalt. Viele (Gebiets-)Körperschaften bedienen sich auch des
Instruments der
öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEUs). Bei diesen FEUs differenziert die
Finanzstatistik zwischen den
Extrahaushalten und den sonstigen FEUs.
Für die einzelnen Körperschaften ist die Unterscheidung zwischen Extrahaushalten
und sonstigen FEUs faktisch von geringer Bedeutung für ihre Steuerungsentscheidungen. Wichtig ist sie indes für die Statistik und hier v.a.
für diejenigen Statistiken, die sich (direkt oder indirekt) an den
Maastricht-Kriterien ausrichten. Hintergrund ist, dass die Maastricht-Kriterien
(Schuldenstand und
Finanzierungssaldo) auf den
öffentlichen Gesamthaushalt, d.h. die Summe aus
Kernhaushalten und Extrahaushalten,
abstellen. Die sonstigen FEUs bleiben darin unberücksichtigt.
Mehrere wichtige Statistiken nutzen die Abgrenzung des öffentlichen Gesamthaushalts (z.B.
Kassenstatistik). Auch viele Analysen
auf HaushaltsSteuerung.de beschränken sich auf diese Abgrenzung, da Daten zu den sonstigen FEUs teilweise nicht statistisch
berichtet werden. Insofern ist es durchaus relevant zu wissen, was sich genau hinter dem wenig intuitiven Begriff der Extrahaushalte
verbirgt. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, Ihnen einen grundsätzlichen Einblick in den Bereich der Extrahaushalte von Bund,
Ländern, Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung zu geben. Analysiert werden v.a. Fallzahlen. Darüber hinaus werden Beispiele
für Extrahaushalte benannt.
Überblick:
- Begriff der Extrahaushalte
- Fallzahlen der Extrahaushalte nach Ebenen/Teilsektoren
- Fallzahlen der Extrahaushalte im Ländervergleich
- Beispiele für Extrahaushalte
- Weitere Informationen
Begriff der Extrahaushalte
Nach finanzstatistischer Abgrenzung werden unter den Extrahaushalten (auch: FEUs des
Staatssektors) diejenigen
Auslagerungen
von Bund, Ländern, Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung verstanden, die zum Sektor Staat zählen. Extrahaushalte zeichnen sich dadurch aus, dass sie
öffentlich kontrolliert und finanziert werden. Allgemein bezeichnen die Extrahaushalte
öffentliche institutionelle Einheiten,
bei denen es sich um
Nichtmarktproduzenten handelt. Für die Einordnung in
Marktproduzenten vs. Nichtmarktproduzenten dient das
50-Prozent-Kriterium. Ebenfalls unter die Extrahaushalte fallen Marktproduzenten, wenn sie überwiegend (mehr als 80 Prozent)
für den Kernhaushalt tätig sind. Typische Beispiele für FEUs des Staatssektors sind öffentliche Hochschulen, Landesbetriebe für
Straßenbau/-wesen, Versorgungsrücklagen/Versorgungsfonds und ausgegliederte Statistische Ämter.
Kernfrage des zuvor angesprochenen 50-Prozent-Kriteriums ist, ob die Produktionskosten (inkl. Vorleistungen, Abschreibungen,
Arbeitnehmerentgelte und sonstigen Produktionsabgaben; ohne Subventionen) der betreffenden öffentlichen institutionellen Einheit
zu mehr als 50 Prozent durch Umsätze (ohne Gütersteuern) gedeckt werden - oder nicht. Sofern die Produktionskosten zu mehr als
50 Prozent durch Umsätze gedeckt werden, zählt die öffentliche institutionelle Einheit zu den Marktproduzenten und fällt somit
nicht unter den Sektor Staat. Werden die Produktionskosten indes nicht zu über 50 Prozent durch Umsätze gedeckt, handelt es
sich um Nichtmarktproduzenten, die wiederum dem Sektor Staat zuzuordnen sind. Grundsätzlich ist hierbei darauf zu achten, das
50-Prozent-Kriterium in einem Mehrjahreshorizont anzuwenden. So sollte das 50-Prozent-Kriterium für die strikte Einordnung in
Markt- vs. Nichtmarktproduzenten entweder für eine Reihe von Jahren erfüllt sein oder für das laufenden Jahr vorliegen und auch
für die nahe Zukunft zu erwarten sein. Leichte Umsatzschwankungen im Zeitablauf erfordern keine Neuklassifizierung der
öffentlichen institutionellen Einheit.
Als sonstige FEUs (auch: FEUs des Nicht-Staatssektors oder FEUs des Marktsektors) zählen hingegen die FEUs des privaten Sektors.
Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die öffentliche Beteiligung bei über 50 Prozent liegt (Nennkapital oder Stimmrecht) und es
sich um Marktproduzenten handelt (gemäß 50-Prozent-Kriterium). Es handelt sich somit um öffentliche institutionelle Einheiten in
der Form von Marktproduzenten. Nicht dazu gehören allerdings Marktproduzenten, die überwiegend (mehr als 80 Prozent) für
Kernhaushalte tätig sind (siehe oben). Typische Beispiele für sonstige FEUs sind Krankenhäuser, Verkehrsunternehmen sowie
Ver- und Entsorgungsunternehmen.
Untenstehende Abbildung ordnet die Extrahaushalte in das Schalenkonzept der Finanzstatistik ein (inkl. typischer Beispiele
für Extrahaushalte und sonstige FEUs).
In den folgenden Abschnitten des vorliegenden Blog-Eintrags werden v.a. die Fallzahlen der Extrahaushalte von Bund, Ländern,
Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung untersucht. Datengrundlage ist eine vom Statistischen Bundesamt publizierte Statistik mit dem Titel "Liste der Extrahaushalte". Die aktuellste Ausgabe deckt den Stand 1.1.2015 ab (Link siehe unten).
» Liste der Extrahaushalte 2015
Hrsg.: Statistisches Bundesamt
Fallzahlen der Extrahaushalte nach Ebenen/Teilsektoren
Nach Ebenen/Teilsektoren zeigt sich, dass der größte Teil der Extrahaushalte zum Stichtag 1.1.2015 auf die Kommunen entfällt. Mit einer Fallzahl von
5.414 Extrahaushalten kontrollieren die Kommunen 83,02 Prozent der insgesamt 6.521 Extrahaushalte in Deutschland. Die zweithöchste
Anzahl haben die Länder mit 907 Extrahaushalten (13,91 Prozent). Der Bund zählt 123 Extrahaushalte (1,89 Prozent). Auf die
gesetzliche Sozialversicherung entfallen 77 Extrahaushalte (1,18 Prozent).
Im Zeitablauf hat sich die Anzahl der statistisch als Extrahaushalte erfassten Einheiten merklich erhöht. Zum 1.1.2013 lag die
Fallzahl noch bei 5.291 (davon: 31 länderübergreifende Extrahaushalte). Zum Stand 1.1.2014 lag die Anzahl bereits bei 5.799 (davon:
33 länderübergreifende Extrahaushalte). Zum aktuellsten vorliegenden Stichtag (1.1.2015) erreicht die Fallzahl das oben bereits erwähnte Niveau
von 6.521 Extrahaushalten (davon: 78 länderübergreifende Extrahaushalte). Die Fallzahl hat damit binnen zwei Jahren um 23,25 Prozent
zugenommen. Stetige Fallzahlsteigerungen sind auf allen Ebenen bzw. in allen Teilsektoren zu beobachten. Am deutlichsten fällt die
prozentuale Steigerung auf Bundesebene aus (+38,20 Prozent).
Die Beobachtung deutlich steigender Fallzahlen lässt die Vermutung zu, dass das Auslagerungsinstrument der Extrahaushalte aktuell
verstärkt genutzt wird. Einschränkend ist allerdings auch darauf hinzuweisen, dass sich die Fallzahlsteigerungen nach telefonischer
Auskunft des Statistischen Bundesamtes in Teilen durch einzelne methodische Änderungen sowie durch eine Verstärkung der Prüfintensität
auf kommunaler Ebene erklären. Dies
gilt es bei der Interpretation der Fallzahlveränderungen zu bedenken. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Fallzahlen keine unmittelbaren
Rückschlüsse auf das finanzielle Volumen der Extrahaushalte zulassen.
Fallzahlen der Extrahaushalte im Ländervergleich
Die insgesamt 907 Landesextrahaushalte verteilen sich relativ breit auf alle 16 Länder. Die Flächenländer zählen 620 Extrahaushalte,
die Stadtstaaten kommen auf 192 Extrahaushalte. Hinzu kommen 35 länderübergreifende Extrahaushalte und 60 Einrichtungen im Bereich
Forschung und Entwicklung (FuE), die der Landesebene zugerechnet werden. Die höchste Extrahaushalt-Fallzahl aller Flächenländer hat Sachsen mit
76 Extrahaushalten. Hamburg hat unter den Stadtstaaten mit 83 die meisten Extrahaushalte.
Auf kommunaler Ebene gibt es elf Extrahaushalte, die als FuE-Einrichtungen geführt werden. 43 weitere Extrahaushalte haben
länderübergreifenden Charakter. Die im Ländervergleich höchsten Fallzahlen haben Baden-Württemberg (841) und Bayern (1.613).
In Baden-Württemberg erklärt sich die hohe Anzahl in Teilen über die Gemeindeverwaltungsverbände, die dort statistisch nicht als
Gemeindeverbände, sondern als Extrahaushalte
geführt werden. Im Falle Bayerns gilt dies analog für die dortigen Verwaltungsgemeinschaften.
Beispiele für Extrahaushalte
Aufbauend auf obiger reiner Fallzahlbetrachtung sind auch Beispiele für Extrahaushalte der vier Ebenen/Teilsektoren interessant.
Nachfolgende Tabelle enthält vor diesem Hintergrund jeweils zwölf Beispiel-Extrahaushalte für den Bund, die Länder, die Kommunen
und die gesetzliche Sozialversicherung.
Zwei "Sonderformen" der Extrahaushalte sind die als Extrahaushalt geführten FuE-Einrichtungen und die länderübergreifenden
Extrahaushalte. Tabelle 3 gibt nach Ebenen/Teilsektoren jeweils fünf Beispiele für derartige Extrahaushalte.
Weitere Informationen
Verschiedene statistische Finanzanalysen unter Einbeziehung der Extrahaushalte von Bund, Ländern, Kommunen und gesetzlicher Sozialversicherung
sind insbesondere im Weblog von HaushaltsSteuerung.de abrufbar.
» Weblog: Themen
Hrsg.: HaushaltsSteuerung.de
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